Wat?
Ein blinder Text ist ein merkwürdiges Wesen. Er sieht nichts, hört nichts und weiß nichts – und doch ist er unverzichtbar. Er lebt im Schatten der Gestaltung, unscheinbar und oft übersehen, aber ohne ihn wäre die Welt der Layouts leer und orientierungslos. Blindtexte sind die Platzhalter der Kreativität. Sie füllen Lücken, bevor echte Worte ihren Platz finden. Sie sind die Statisten auf der Bühne des Designs, die geduldig warten, bis die Hauptdarsteller – die Inhalte – eintreffen.
Okay?
Doch was macht einen blinden Text eigentlich aus? Er ist blind, weil er keine Bedeutung trägt. Seine Buchstaben reihen sich aneinander, ohne Absicht, ohne Botschaft. Er ist frei von Emotionen, frei von Interpretation. Und genau darin liegt seine Stärke: Er lenkt nicht ab, er beeinflusst nicht, er existiert nur, um Raum zu simulieren. Designer lieben ihn, weil er ihnen erlaubt, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren – die Form, die Struktur, die Harmonie des Layouts.
Historisch gesehen hat der blinde Text eine lange Tradition. Schon in der Druckkunst des 16. Jahrhunderts tauchte das berühmte „Lorem ipsum“ auf – ein lateinischer Text, der so verstümmelt ist, dass er keinen Sinn ergibt. Warum gerade Latein? Weil es vertraut wirkt, aber nicht verstanden wird. So bleibt der Blick des Betrachters auf dem Design, nicht auf dem Inhalt. Doch der blinde Text ist mehr als nur ein Werkzeug. Er ist ein philosophisches Statement: Er erinnert uns daran, dass Form und Inhalt zwei verschiedene Welten sind. Ein schönes Layout kann ohne Inhalt existieren, aber ein guter Inhalt braucht eine passende Form. Blindtexte sind die Brücke zwischen diesen Welten – unsichtbar, aber unverzichtbar.
Und manchmal, wenn man ihn liest, fragt man sich: Ist er wirklich blind? Oder sieht er mehr als wir denken? Vielleicht sieht er die Freiheit, die in der Bedeutungslosigkeit liegt. Vielleicht genießt er die Ruhe, nicht verstanden werden zu müssen. Vielleicht ist der blinde Text gar nicht blind – sondern einfach nur unabhängig.